Lüften verringert das Infektionsrisiko

Ein Interview mit Energieberater und Schulungsexperte Joachim Schrader von BAUENundENERGIE zur Lüftungsplanung in Corona-Zeiten

Die Lüftungsplanung ist heute anspruchsvoller denn je: Mit der Corona-Pandemie steigen die Ansprüche an eine hygienische Raumluft, die das Ansteckungsrisiko möglichst gering halten soll. Durch die Kontaktbeschränkungen haben sich auch die Weiterbildungsangebote für Fachplaner und Energieberater verändert. Und nicht zuletzt tritt ab November 2020 das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft, das die drei energiesparrechtlichen Regelwerke EnEV, EnEG und EEWärmeG ersetzt. Energieberater und Schulungsexperte Joachim Schrader von BAUENundENERGIE nimmt Stellung zu diesen aktuellen Herausforderungen bei der Lüftungsplanung.

Frage 1: Warum ist regelmäßiges Lüften während der Corona-Pandemie besonders wichtig?

Die regelmäßige Frischluftzufuhr ist neben den anderen Hygieneregeln, wie Abstand halten, Mund- und Nasenschutz tragen sowie Hände waschen und desinfizieren, ein extrem wichtiges Mittel, um Infektionen und Ansteckungen zu minimieren. Alle bisher veröffentlichten Studien belegen, dass regelmäßiges Lüften das Infektionsrisiko verringert. Auch die Bundesregierung hat das Lüften inzwischen zur bekannten AHA-Regel hinzugefügt. Nach Aussagen vieler Virologen ist die Aerosolkonzentration in der Luft ein wichtiger Faktor für die Ausbreitung von Viren und eine Ursache für ein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Was bedeutet, es werden dringend Lüftungsanlagen in Kindergärten, Schulen, Großraumbüros usw. benötigt. Superspreader-Ereignisse zeigen deutlich, dass ein einziger Corona-Infizierter ausreicht, um eine große Gruppe von Menschen in schlecht gelüfteten Gebäuden zu infizieren.

Frage 2: Im Winter und in den Übergangszeiten kühlen die Räume jedoch schnell aus, wenn viel manuell gelüftet wird. Welche Vorteile bietet hier die kontrollierte Wohnraumlüftung?

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Bildquelle: BAUEN+ENERGIE, Wiesbaden

Joachim Schrader, unabhängiger Energieberater und Schulungsexperte der Werkgemeinschaft

Nehmen wir das viel diskutierte Thema „Schulen“ auf. Da Klassenzimmer im Herbst und Winter beheizt sind und ja auch durch die hohe Anzahl von Lernenden auf verhältnismäßig kleinem Raum sozusagen ständig „nachbeheizt“ werden, ist hier eine Lüftungsanlage mit hohem Wärmerückgewinnungsgrad optimal. Die Wärme, die über das Fensterlüften verloren ginge, wird hier, konkret am Beispiel des dezentralen Lüftungsgeräts inVENTer iV14-Zero zu 87 % zurückgewonnen. So fällt also das manuelle zusätzliche Lüften nicht so stark ins Gewicht! Da die Räume nicht so auskühlen, sind solche gemischten Lüftungskonzepte dann auch erfolgreich und dauerhaft umzusetzen.

Frage 3: Kann die Aerosolbelastung in Innenräumen durch die kontrollierte Wohnraumlüftung minimiert werden? Gibt es hier bereits verlässliche Studien?

Ein klares „Ja“. Bleiben wir bei dem Beispiel „Lüftung in Schulen“. Hier müsste jede Viertelstunde stoßgelüftet werden, und wir reden hier von Querlüftung mit komplett geöffneten Fenstern, um zumindest annähernd die schnell erreichte, sehr hohe Konzentration von infektiösen Aerosolpartikeln zu eliminieren. Die Fakten und Erfahrungen zeigen, dass dies nur spärlich aus unterschiedlichsten Gründen zu realisieren ist. Es gibt zahlreiche Studien seit Beginn der Pandemie, die belegen, dass durch den Einsatz von Lüftungsgeräten eine deutliche Senkung der Partikelkonzentration gegenüber gekipptem Fenster erzielt werden kann. Der Artikel „COVID-19-Studie zur Partikelverbreitung zeigt: Lüften reicht nicht“ auf dem Fachportal haustec.de hat sich ausführlich mit diesem Thema beschäftigt und Ergebnisse einer Studie der Wolf GmbH und der TU Berlin veröffentlicht. Konkret untersucht wurde das Ausbreitungsverhalten von Aerosolen in einem typischen Klassenzimmer mit einer Lehrkraft und 24 Schülern, von denen eine Person das Corona-Virus in sich trägt. Die Simulation sah dauerhaft gekippte Fenster sowie nach 20 Minuten für fünf Minuten komplett geöffnete Fenster vor. Bei einer wahrscheinlichen Emission von 50 Aerosolpartikeln pro Sekunde, die allein schon durch Nasenatmung – noch nicht einmal beim Sprechen – angenommen wurde, konnten bis zu 900 Partikel pro Kubikmeter im Klassenraum festgestellt werden. Anschließend wurde eine weitere Untersuchung, diesmal mit Lüftungsgerät, durchgeführt, das dem Raum pro Stunde 800 m³ Frischluft zugeführt und die verbrauchte Luft kontinuierlich abführt. Damit wird die komplette Raumluft 4,44-mal pro Stunde ausgetauscht. Es gibt sogar Geräte, die noch mehr leisten können.

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Bildquelle: BAUEN+ENERGIE, Wiesbaden

Nach Aussagen vieler Virologen ist die Aerosolkonzentration ein wichtiger Faktor für die Ausbreitung von Viren. Was bedeutet, es werden dringend Lüftungsanlagen in Kindergärten, Schulen, Großraumbüros benötigt.

Fazit der Studie ist also, dass eine Lüftungsanlage dauerhaft und kontinuierlich für eine gleichmäßige Erneuerung der Raumluft sorgt und dadurch eine deutliche Reduzierung des Infektionsrisikos darstellt. Zudem wäre damit auch das vernachlässigte Thema der viel zu hohen CO2-Konzentration gelöst!

Frage 4: Ab November 2020 gilt das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG). Welche Neuerungen treten damit in Kraft? Was gilt für Bauprojekte, die bereits vor November begonnen haben?

Ja, es gibt ein paar wesentliche Änderungen und Neuerungen. Ein großer Vorteil ist, dass die gebäudenahe Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien angerechnet wird. Das Rechenverfahren nach DIN V 18599 wird als Standardverfahren festgelegt. Nur das Tabellenverfahren für Wohngebäude nach Teil 12 der DIN V 18599 konnte nicht aufgenommen werden. Bis zum 31.12.2023 gilt hier weiterhin das alte Rechenverfahren nach DIN V 4108-6 / DIN V 4701-10. Die Anforderungen an Energieausweise und Modernisierungsempfehlungen steigen mit dem GEG, was für Aussteller höhere Sorgfaltspflichten mit sich bringt. Für Bauanträge ab dem 01.11.2020 muss das Gebäudeenergiegesetz (GEG) angewendet werden. Das Thema CO2 wird darin deutlich sichtbarer, dieses wird auch in den neuen Energieausweisen zu einer wichtigen Beratungs- und Fördergrundlage.

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Bildquelle: inVENTer GmbH

„Es gibt zahlreiche Studien seit Beginn der Pandemie, die belegen, dass durch den Einsatz von Lüftungsgeräten eine deutliche Senkung der Partikelkonzentration gegenüber gekipptem Fenster erzielt werden kann“, so Energieberater Joachim Schrader.

Was uns viel zu weichgespült erscheint, ist die Vereinbarung, dass Öl- und Kohleheizungen ab 2026 noch beschränkt zugelassen werden. Das GEG will hierfür noch Ausnahmen definieren. Wichtig zu beachten ist, dass beim Austausch von Anlagen der hydraulische Abgleich nicht vergessen wird und die Förderungen bis zu 45 % genutzt werden!

Frage 5: Welche Konsequenzen ergeben sich für die (dezentrale) Wohnraumlüftung und die Lüftungsplanung?

Die dezentrale Lüfterherstellerindustrie erlebt gerade in Zeiten der Pandemie noch größere Nachfrage, da solche Geräte natürlich nachträglich ohne großen Aufwand zu installieren sind. Auch hier haben einige Hersteller schon reagiert und ihre Produkte der Ausnahmesituation angepasst und Lüfter auf den Markt gebracht, die mehr Power und einen hohen Schallschutz haben. Wenn sich also die Belastung mit schädlichen Aerosolen in der Raumluft konkludent zur CO₂-Belastung verhält, dann kann eine Grundlüftung mit solch dezentralen Geräten in Verbindung mit einer CO₂-Ampel den Lüftungszyklus, der dann zusätzlich noch durch Fensterlüftung hergestellt werden muss, anhand der CO₂-Belastung und damit auch der Belastung durch schädliche Aerosole bestimmen. Am Beispiel der neuen inVENTer-Produkte heißt das: iV14-MaxAir und Regelung mit CO₂-Sensor.

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Bildquelle: inVENTer GmbH

Die dezentrale Lüftungsindustrie rüstet auf: In Zeiten der Pandemie sorgen Lüfter mit mehr Power und hohem Schallschutz, wie z.B. iV-Office von inVENTer für eine gesunde Raumluftqualität in großen Räumen.

Frage 6: Welche digitalen Weiterbildungsangebote zur Lüftungsplanung gibt es jetzt in Corona-Zeiten? Kann ich auch in einem Web Seminar interaktiv mit dem Referenten und den Teilnehmern interagieren?

Wir in der Werkgemeinschaft BAUENundENERGIE haben uns eingerichtet auf eine noch längere Zeit, in der wir aufeinander Rücksicht nehmen und uns nicht in dem Ausmaß persönlich treffen können wie sonst. Online-Meetings sind ein fester Bestandteil unseres Alltags geworden und erfreuen sich großer Beliebtheit – sind sie doch zumindest zweidimensional und somit viel persönlicher und aussagekräftiger als ein Telefonat.


 
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