Gespräch rund um Druckhaltung und Systemwasser

Sven Kittner, International Sales Manager bei Spirotech, und Andreas Hofer, Vertriebsleiter bei EDER

Teil 1: Das Zusammenspiel von Spirotech und EDER

Seit wann besteht die Verbindung zwischen Spirotech und EDER?

Sven Kittner: Erstmalig wurde eine Kooperation der beiden Firmen im Jahr 2011 gestartet. Seitdem haben wir gemeinsam zahlreiche unterschiedliche Projekte umgesetzt und Lösungen realisiert.

Welche Kernkompetenzen bringen die Unternehmen mit?

Sven Kittner: Spirotech beschäftigt sich bereits seit mehr als 50 Jahren mit den physikalischen und chemischen Auswirkungen von Gasen im Systemwasser. In diesem langen Zeitraum hat sich das Unternehmen ein tiefes Verständnis von Korrosionsprozessen in geschlossenen Heiz- und Kühlsystemen erarbeitet. Dieses Wissen setzen wir heute ein, um unsere Partner dabei zu unterstützen, ihre Anlagen vor genau diesen Korrosionsprozessen zu schützen. Wir betrachten jedes System ganzheitlich – das ist heute ganz klar unsere Kernkompetenz.

Andreas Hofer: Die Fa. EDER ist bereits seit 100 Jahren der Experte für Expansion und Druckhaltung im Bereich Heizen und Kühlen. Diese Erfahrung bringen wir heute ein, um für unsere Kunden maßgeschneiderte Lösungen im Bereich Druckhaltung zu planen und zu realisieren.

Warum ist der Systemgedanke für wasserführende Anlagen so wichtig – Stichwort ganzheitliche Betrachtung?

Sven Kittner: Das können wir am besten mit einem Vergleich verdeutlichen. Ein Sportwagen kann nur dann seine beste Performance bringen und das auf sichere Art und Weise, wenn alle Komponenten perfekt aufeinander abgestimmt sind. Und genauso verhält es sich auch mit hydraulischen Systemen. Nur wenn alle Komponenten passen und aufeinander abgestimmt sind, bekommen wir ein stabiles Systemwasser ohne Korrosionsneigung. Und dann können auch alle anderen Systembausteine ihre Leistungsmöglichkeiten ausschöpfen.

Teil 2: Zur Druckhaltung

Welche grundsätzlichen Möglichkeiten der Druckhaltung gibt es?

Andreas Hofer: Eine Unterscheidung kann entweder in der Technik oder in der Anwendung getroffen werden. Sie kennen sicher die Membran-Ausdehnungsgefäße, wo mit dem richtigen Luft-Vordruck die Ausdehnung sichergestellt wird. Dann gibt es noch die Kompressor-Anlagen und die von EDER erfundene und patentierte Variante der Pumpendruckhaltung.

Eine andere Unterscheidungsmöglichkeit wäre über die Anwendung, also Vordruck-, Mitteldruck- oder Nachdruckhaltung. In der klassischen Heizungsanwendung ist die Nachdruckhaltung üblich. Wichtig ist, dass Technologie und Anwendung zueinander passen.

Wann werden welche Systeme eingesetzt?

Illustration
Bildquelle: Spirotech BV

Andreas Hofer

Andreas Hofer: Eine Pumpendruckhaltung kann schon bei einer sehr kleinen Heizungsanlage unumgänglich sein, speziell wenn die Ausfallssicherheit im Produktionsbereich von Bedeutung ist. Als Faustformel zitiere ich gerne die Ö-Norm: Hier gilt die Verwendung eines Druckhalteautomaten ab 100 kW oder 5.000 l Anlageninhalt als Stand der Technik. Sie sehen, die Anlagen müssen nicht groß sein, um anstelle eines Vordruck-Gefäßes einen Druckhalteautomaten zu verwenden.

Auf einen grundsätzlichen Aspekt möchte ich an dieser Stelle noch hinweisen: Ein Ausdehnungsgefäß oder eine Pumpendruckhaltung kann nie zu groß sein. Ist sie jedoch zu klein, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zu Problemen und Schäden in der Anlage kommt.

Welche Vorteile bieten die Pumpendruckhalteanlagen?

Andreas Hofer: Ein Vorteil ist die konstante Druckhaltung in der Präzision von +/- 0,2 bar. Bei einem Vordruckgefäß kann die Schwankungsbreite schon mal bei 1 bar oder mehr liegen, je nach Dimensionierung. Wenn wir uns mittlere und größere Anlagen ansehen, ist der Platzbedarf und die Modularität ein großes Thema. Unser elko-mat-Patent beschreibt die Trennung von Expansion und Druckhaltung. Auf der einen Seite steht die Steuereinheit, die mit Pumpen und Ventilen den richtigen Druck bewirkt. Auf der anderen Seite ist ein druckloser Speicher, der die physikalische Ausdehnung aufnimmt und somit das Systemwasser zwischenspeichert. Der drucklose Speicher kann zu 100 % mit Systemwasser gefüllt werden, weil kein Luftpolster für den Gegendruck benötigt wird. Bei größeren Anlagen entfallen damit auch die regelmäßigen Druckbehälterprüfungen. Diese Technologie spart Platz und laufende Kosten, was in heutiger Zeit einen weiteren wichtigen Pluspunkt darstellt. Für kleinere und mittlere Anlagen gibt es eine Kompaktbauweise. Diese Geräte benötigen wenig Platz und der Installationsaufwand auf der Baustelle wird durch die Vormontage im Werk minimiert.

Welche Varianten von Druckhalteanlagen gibt es und welches Anwendungsspektrum lässt sich damit abdecken?

Andreas Hofer: Als erstes sind Heizung und Kühlung zu nennen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Anwendungen im Bereich der Fern- bzw. Nahwärme, im Solekreis für Wärmepumpen oder im Rückkühlerkreis für Kältemaschinen. Auch Wärmerückgewinnung, Prozesswärmekreise und thermische Solaranlagen zählen zu den Einsatzmöglichkeiten. Nicht zu vergessen sind die Kälteanwendungen, die immer häufiger werden. Hierzu haben wir mit Multicontrol Cool eine eigene Produktline entwickelt, damit die speziellen Ansprüche und Herausforderungen im Kältebereich erfüllt werden.

Auch die Varianten sind vielfältig. Speziell bei Prozessanwendungen wird vor allem Ausfallssicherheit gefordert. Dafür haben wir verschiedene Lösungen entwickelt, etwa die Maxi Twin mit einem Doppelpumpensystem. Sofern es sich um einen geschlossenen Kreis handelt, in dem Systemwasser fließt, haben wir bis jetzt immer die richtige Lösung gefunden.

Welche Rolle spielen die Ausdehnungsgefäße und welche Qualität der Membrane sind relevant?

Andreas Hofer: Bei den Membran-Vordruckgefäßen ist nicht nur das Material der Membran ein Qualitätskriterium, sondern auch ihre Bauform. Qualitativ hochwertige Gefäße verwenden eine Voll-Membrane, ähnlich einem Luftballon. Das Systemwasser befindet sich innerhalb der Membrane und hat keinen Kontakt zum Stahlbehälter. Andere Gefäße besitzen eine Ringmembrane. Hier wird ein Gummi zwischen Systemwasser und Luftpolster gelegt. Das Systemwasser hat jedoch einen direkten Kontakt zum Stahlbehälter des Ausdehnungsgefäßes. Ein weiteres Qualitätskriterium ist die Diffusionsdichtheit der Membrane. Ihre Aufgabe besteht in der Trennung von Luftpolster und Systemwasser. Da Sauerstoff im Systemwasser negative Folgen hat, muss ein Eintrag über das Ausdehnungsgefäß verhindert werden.

Teil 3: Rund um das Systemwasser

Was leistet Systemwasser in Heizungs- und Kühlanlagen?

Sven Kittner: Das macht ein Vergleich deutlich: Das Systemwasser ist wie das Blut im menschlichen Körper und die einzelnen Komponenten sind die Organe. Unsere Organe funktionieren nur dann optimal, wenn auch unser Blutbild optimal ist und das Blut gleichmäßig durch den Körper fließt.

Welche Risiken bestehen, wenn die Konditionierung des Systemwassers fehlt?

Illustration
Bildquelle: Spirotech BV

Svern Kittner

Sven Kittner: Fehlt die Kondition bzw. Konditionierung, droht der (Heiz-)Infarkt. Gerade dann, wenn die Leistungsanforderung ans System steigt, zum Beispiel zu Beginn der Heiz- oder Kühlsaison, ist das Risiko hoch. Schlimmstenfalls wird das System massiv gestört oder fällt aus, mit allen negativen Konsequenzen. Wie im Organismus bedeutet Infarkt, dass Teile des Leitungssystems durch Verschlüsse nur noch teilweise oder gar nicht mehr versorgt werden. Das ist die Folge von Schmutzpartikeln, die nicht ins System gehören.

Welche Rahmenbedingungen gelten für die Luftabscheidung bzw. für die Schlammabscheidung?

Sven Kittner: Gehen wir zunächst einmal auf die Luftabscheidung ein. Grundsätzlich ist es sinnvoller, wenn wir von Gasen und nicht nur von Luft reden. Luft besteht aus verschiedenen Gasen und wir finden zudem auch noch andere Gase im System. Ein Mikrogasblasenabscheider eignet sich für Systeme bis 15 m statischer Höhe und solche, deren Bauweise recht kompakt ist. Der Mikrogasblasenabscheider sollte am besten dort installiert werden, wo das Systemwasser die höchste Temperatur aufweist, denn hier finden wir auch die meisten freien Gase. Dies ist üblicherweise im Systemvorlauf direkt hinter dem Wärmeerzeuger.

Will man sich von der Systemtemperatur unabhängig machen und/oder ein System liegt über der Grenze von 15 m statischer Höhe oder bildet ein weitverzweigtes Netz, ist es ratsamer, zu einem Vakuumentgaser zu greifen. Dieser wird in der Regel im Rücklauf im Bereich der niedrigsten Systemtemperatur eingebaut, denn dort finden wir die meisten im Systemwasser gelösten Gase. Hier arbeitet der Vakuumentgaser optimal.

Beim Montagepunkt eines Magnetit- und Schlammabscheiders muss man immer entscheiden, welche Komponente des Systems primär geschützt werden soll. Normalerweise ist das der Wärmeerzeuger. Daher wird der Abscheider zumeist im Rücklauf vor Eintritt in den Wärmerzeuger platziert, um diesen vor Verschmutzungen aus dem System zu schützen.

An welchen Punkten einer Anlage müssen welche Bedingungen geprüft werden (Wasseranalyse, Gasgehalt, Verschmutzungen usw.)?

Sven Kittner: Welche Parameter zwangsläufig zu prüfen sind, ist detailliert in der VDI 2035 beschrieben. Ein für uns sehr wichtiger Satz findet sich auf Seite 24 in Tabelle 1. Hier steht zum Thema Aussehen: „Das Systemwasser muss klar und frei von sedimentierenden Stoffen sein“. Aus diesem Satz lassen sich im Grunde alle notwendigen Maßnahmen ableiten. Dazu zählen sämtliche Vorkehrungen zur Korrosionsvermeidung. Die Systemwasseraufbereitung muss insbesondere den pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit beachten. Bei der Entgasung geht es um die Vermeidung von Sauerstoffkorrosion oder Kohlensäurebildung. Ebenso sind durch die richtige Druckhaltung Kavitation, Erosion und Gaseintrag zu verhindern. Und natürlich gehört zu diesem ganzen Komplex die richtige Dokumentation im Anlagenbuch. Das stellen wir im Übrigen unseren Partnern gern in gedruckter Form als Vorlage zur Verfügung.

Grundsätzlich müssen wir uns bewusst machen, dass jede Aktion, also jeder Eingriff ins Systemwasser, eine Reaktion zur Folge hat. Einzuschätzen, ob diese positiv oder negativ sein wird, bedarf einer Menge Erfahrung. Und genau hier können wir unsere Partner und Kunden unterstützen.

Wie läuft eine Erstinbetriebnahme erfolgreich ab?

Illustration
Bildquelle: Spirotech BV

Andreas Hofer: Der erste Schritt ist die Einstellung des richtigen Vordrucks bei Membran-Vordruckgefäßen. Das geschieht am besten vor der Befüllung der Anlage. Erst wenn dieser Wert korrekt ist, sollte die Anlage gemäß VDI bzw. Ö-Norm gespült und dann mit aufbereitetem Wasser gefüllt werden. Frisches Wasser enthält Luft und Gase – mit den Produkten von Spirotech kann die Anlage rasch entlüftet bzw. entgast werden. Eine passend dimensionierte und konfigurierte Druckhaltung stellt sicher, dass kein neuer Lufteintrag auf Grund von Unterdruck entsteht.

Was ist bei der Nachspeisung zu beachten?

Sven Kittner: Als Grundregel gilt: Es wird mit dem Wasser nachgespeist, das sich bereits in der Anlage befindet. Liegt eine salzarme Fahrweise vor, speisen wir auch mit salzarmem Wasser nach. Zudem sollte die Menge des Nachspeisewassers auf ein notwendiges Minimum reduziert sein, da mit jedem Nachspeisevorgang womöglich auch wieder Gase bzw. Sauerstoff ins System eingetragen werden. Eine automatisierte und kontrollierte Nachspeisung stellt zusätzlich sicher, dass zum Beispiel bei einem Rohrbruch nicht unendlich Wasser nachgespeist wird.

Wie wird die Einbindung in die Gebäudeleittechnik gelöst?

Andreas Hofer: Auch in Fragen der Gebäudeleittechnik gehen wir komplett auf die Kundenwünsche ein. Wir können unsere Geräte zum Beispiel über einen potentialfreien Kontakt in die GLT einbinden – das ist die einfache Variante. Wir liefern aber natürlich auch komplexe Bus-Anbindungen. Neu im Programm ist unser eigenes Service-Portal. Hier kann der Betreiber den aktuellen Status weltweit einsehen und zusätzlich Störmeldungen via E-Mail erhalten. Diese Form eignet sich für Anlagen, bei denen detaillierte Informationen als eine Summenstörung mitgeteilt wird.


Weitere Beiträge im Themenbereich:
Weiterführende Informationen zur
Gespräch rund um Druckhaltung und Systemwasser
erhalten Sie beim Anbieter
In der Steele 2
40599 Düsseldorf
Agentur:
Waldecker PR - Büro für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Florinsmarkt 14
56068 Koblenz

Zurück